IST DAS «IMPACT HUB» EIGENTLICH EIN FRANCHISE?

Mein erster Eindruck, als gelisteter Coach des Impact Hub Basel Incubator, ist natürlich sofort ein «Ja». Es könnte sich um eine besondere Form des «Green Franchising» handeln, für das wir uns [1] seit 2008 kontinuierlich im DACH-Raum einsetzen und für das, auf unsere Initiative hin, seit 2013 in Deutschland der «Green Franchise Award» vom Deutschen Franchise Verband in Berlin vergeben wird.

IMPACT HUB NETWORK © Greenfranchise Lab®
IMPACT HUB NETWORK © Greenfranchise Lab®

KLEINE EXKURSION ZUM Green Franchising

Während man unter «Social Franchising», die Skalierung von sozialen Projekten und Unternehmen versteht, konzentrieren wir uns mit dem «Green Franchising» auf eine ganzheitlich harmonisierte Skalierung der ökonomischen, ökologischen, sozialen und kulturellen Unternehmensnachhaltigkeit. Alle vier Nachhaltigkeitsdimensionen müssen in Unternehmen ständig harmonisiert und austariert werden, um sie in Einklang zu bringen. Einzelne Dimensionen dürfen nicht auf Kosten der anderen Dimensionen optimiert werden, da sie miteinander verbunden sind und zu Instabilität im Unternehmen oder in Projekten führen. Ein ganzheitliches Wachstum aller vier Dimensionen ist gefragt. Nur so entwickelt sich wirkliche «Nachhaltigkeitsstärke». Als Momentaufnahme eines Unternehmens ergibt sich so ein messbares Nachhaltigkeitsstärke-Gesamtprofil, an dem man erkennen kann, wie weit ein Unternehmen bereits auf seinem Nachhaltigkeitsweg gekommen ist und welche Wegstrecke es noch vor sich hat.

Nachhaltige Impact-Start-ups

IMPACT HUB BASEL INCUBATOR © Greenfranchise Lab®
IMPACT HUB BASEL INCUBATOR © Greenfranchise Lab®

Diese ganzheitliche Betrachtung ist auch bei reinen Impact-Start-ups sinnvoll, die sich nur auf eine einzelne Impact-Dimension fokussieren. Denn selbst, wenn nur reine Umweltwirkungen erzielt werden sollen, sind die sozialen Aspekte (z.B. Genderneutralität, Chancengleichheit und Diversität), die kulturellen Aspekte (Herkunft, Sozialisation, Sprache und Gebräuche der Mitarbeitenden und in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umgebung) und die ökonomischen Aspekte des nachhaltigen Unternehmens- oder Projektwachstums zu berücksichtigen. Nur so wird ein Impact Start-up auch tatsächlich nachhaltig und stabil.

Ist das «IMPACT HUB» NUN ein Franchise?

Um die Frage beantworten zu können, habe ich mich tiefer mit den verfügbaren Informationen und Selbstdarstellungen des IMPACT HUB beschäftigt. Das IMPACT HUB ist eine weltweit profilierte Organisation, die über 101 Communities verfügt und in der 1.200 Makers, über 6.400 Start-ups sowie 17.000 Mitgliedern, in über 55 Ländern und auf 5 Kontinenten aktiv sind. Das klingt natürlich sehr nach Franchising. Im amerikanischen Sprachraum würde man nicht zögern den Franchise-Begriff zu verwenden. In Europa ist man da zurückhaltender. Aber schauen wir weiter.

Das IMPACT HUB tritt weltweit online und offline immer gleich oder zumindest selbstähnlich auf. Wiedererkennbare Bestandteile sind der Namen, das Logo, die IP-Adresse, das Corporate Design sowie die gesamte physische Erscheinungsform, also die Ausstattung und das Angebot der IMPACT HUBs. Die Eröffnung eines IMPACT HUB ist dabei nur nach bestandenem, längerfristigen Bewerbungs- und Qualifizierungsprozess möglich, wobei bestimmte Gebühren anfallen (siehe am Ende dieses Textes).

Das IMPACT HUB ist ein globales Netzwerk, mit lokaler Verankerung. Es ist eine weltweite Werte-Gemeinschaft von Unternehmer:innen, die lokal unter einem Logo und Markennamen sowie mit einem bestimmten Leistungsangebot, aktiv ist. Es ist eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete lebendige Business Community, die besonders bei jungen Menschen auf Resonanz stösst, die durch Unternehmensprojekte einen positiven Beitrag zur Weltverbesserung leisten und eine positive Wirkung (einen Impact) erzeugen wollen. Sie lebt von persönlicher Interaktion, aktiver Kommunikation und innovativer, gemeinschaftsorientierter Entwicklung.

Die Gemeinschaft des IMPACT HUB versteht sich als «eine Community von Machern»[2], die sich auf ein «CO-MANIFESTO»[3] bezieht, als eine «Community of Creators building a radically collaborative World», die kreiert, verbindet und sich kümmert. Da die Herausforderungen der Zukunft nicht von Einzelpersonen oder Einzelunternehmen gelöst werden könnten, glaubt sie an Zusammenarbeit in florierenden «Innovations-Ökosystemen», «über Organisationen, Kulturen und Generationen hinweg». Und das weltweit.

 

IMPACT HUB BASEL © Greenfranchise Lab®
IMPACT HUB BASEL © Greenfranchise Lab®

das 1.«IMPACT HUB» DER SCHWEIZ ENTSTAND 2011 IN ZÜRICH

Aktuell existieren IMPACT HUBs in sechs Schweizer Städten:

  1. IMPACT HUB Basel https://basel.impacthub.net/
  2. IMPACT HUB Bern https://bern.impacthub.net
  3. IMPACT HUB Genève https://geneva.impacthub.net/
  4. IMPACT HUB Lausanne https://lausanne.impacthub.net/
  5. IMPACT HUB TICINO in Lugano https://ticino.impacthub.net/
  6. IMPACT HUB Zürich, das sich auf mehrere Standorte verteilt, nämlich auf das Colab, das Kraftwerk und das Viadukt https://zurich.impacthub.ch/de/
Prof. Veronika Bellone & Thomas Matla im IMPACT HUB ZÜRICH © Greenfranchise Lab®
Prof. Veronika Bellone & Thomas Matla im IMPACT HUB ZÜRICH © Greenfranchise Lab®

Der «IMPACT HUB» ist keine Schweizer Erfindung

Laut WIKIPEDIA[4] wurde das erste Impact Hub 2005 in London gegründet, um kleinen Unternehmen und Freischaffenden zu ermöglichen, auf einer gemeinsamen und kreativen Bürofläche gemeinsam vernetzt zu arbeiten. Das Konzept ist heute auch als Co-Working bekannt und beliebt. Laut Wikipedia hat das Impact Hub die Rechtsform einer GmbH mit Hauptsitz in Wien, Zürich und Berlin. Bei meiner Recherche bin ich auf die Website des Headquarters in Wien gelandet.

Besonders interessant und ein Hauptunterschied zum Franchising ist der Umgang mit der Impact Hub IP-Adresse und der Impact Hub Marke. Diese gehören der Impact Hub Association. Sie stellt eine Kollektive aller Impact Hubs dar und hält die Eigentumsrechte an der Impact Hub GmbH. Diese wird von einem globalen Team geleitet, das sich aus Impact-Hub-Gründer:innen zusammensetzt. Die Impact Hub GmbH beschreibt sich selbst als gemeinnütziges Unternehmen, mit dem Ziel, weltweit Sozialunternehmer:innen zu unterstützen, die ihr unternehmerisches Handeln an sozialen und ökologischen Werten orientieren.

Der Wert jedes einzelnen IMPACT HUBs geht weit über materielle Aspekte hinaus. Er entwickelt sich aus dem Schaffen und Verbinden von Communities mit sinnvollen Inhalten sowie der Unterstützung wirtschaftlicher Gründungen. Während im Franchising Verträge mit Franchisenehmer:innen geschlossen werden, die eine Laufzeit zwischen drei und zehn Jahren haben können, in denen die Franchisee die Marke, das Leistungsangebot und Wissen des Franchisor nutzen dürfen, geht man im IMPACT HUB von langfristigen und wirkungsvollen Gründungen aus, für die man entsprechend die organisatorischen und vertraglichen Voraussetzungen geschaffen hat.

DER Weg zu einer «FULL IMPACT HUB LICENSE» [5]

Ist man interessiert, ein IMPACT HUB in der eigenen Stadt zu eröffnen, fallen wie beim Franchising oder in Lizenzsystemen Gebühren [6] an. Diese umfassen eine «Candidate Fee/Payment» (Euro 1.200.-) sowie ein «Joining Payment» (kann je nach Kaufkraft im Land zwischen Euro 9.000.- und Euro 26.000.- variieren). Hinzu kommen laufende monatliche Gebühren (2,5% der revenues).

Der Bewerbungs- und Qualifizierungsprozess läuft über fünf Stationen:

  1. «Team- und Community-Aufbau»
  2. «Impact Hub Kandidatwerdung»
  3. «Due Diligence & Membership Commitee Assessment»
  4. «Impact Hub Launch»
  5. «Full Impact Hub Experience»

Die Organisation unterstützt dabei neue Kandidaten bis zur Eröffnung des IMPACT HUBs mit Informationen, Best Practices, wichtigen Lernmaterialien, Case Studies und Webinaren sowie mit IMPACT HUB Expert-Coachings und -Trainings.

ist das «IMPACT HUB» DENN nun ein Franchise?

Das Impact Hub Headquarter selbst schreibt dazu auf seiner Website:

«We are not a franchise but have developed a co-owned network structure. The Impact Hub Intellectual Property (IP) and Brand are owned by the “Impact Hub Association”, a collective of all Impact Hubs. The Association is the sole owner of Impact Hub Company, a charitable company with the mandate to manage global operations and facilitate the development of the network as a whole.»

Wer Teil vom Impact Hub wird, ist entsprechend kein:e Franchisenehmer:in, sondern «Co-owner of the network» und damit berechtigt Teil des « decision-making as well as (of) all strategic conversations» zu sein, um mit allen anderen lokalen IMPACT HUBs die Zukunft des Networks mitzugestalten.

RESÜMEE

Für mich ist das IMPACT HUB ein sehr gutes Lehr-Beispiel, wie ein nachhaltiges Engagement mit Mitteln des «Franchise Thinking» weltweit erfolgreich skaliert werden kann, um einen dauerhaften Impact zu generieren. Die Erfolgsfaktoren des Franchisings werden dabei konsequent genutzt, auch wenn die Organisation selbst kein reines Franchise-System darstellt. Die Partizipation der Partner:innen erscheint mir beispielhaft und der Umgang mit der IP-Adresse und Marke absolut inspirierend für neue Formen des Franchisings.

IMPACT HUB HEADQUARTER:

Impact Hub GmbH

Lindengasse 56 / 18-19

1070 Vienna, Austria

https://impacthub.net

https://impacthub.net/locations/

Thomas Matla, Greenfranchise Lab® Leadership Coach © Greenfranchise Lab®
Thomas Matla, Greenfranchise Lab® Leadership Coach © Greenfranchise Lab®

Ein Artikel von Thomas Matla © Greenfranchise Lab®

25.05.2021