Mit diesem Leitgedanken entführt Simon Lehmann (43 J.), CEO der Biketec AG, rund 80 Teilzeitstudierende der Fachhochschule Nordwestschweiz in die Markenwelt der Flyer Elektro-Bikes. Ein Bericht von Prof. Veronika Bellone.
Die angehenden Betriebsökonomen, die das Studium berufsbegleitend absolvieren, konnten im Marketingunterricht 1:1 lernen, was es heisst, ein Unternehmen dem Wandel der Zeit anzupassen. Dass das Schweizer Unternehmen Biketec aus Huttwil/BE mit Flyer den Markt für die urbane und off-road Mobilität im D/A/CH-Raum bereits stark prägt, zeigen eindrucksvoll technische Innovationen und Auszeichnungen für das Design. Mit dem diesjährig erworbenen Ethikpreis am „Vivavelo-Kongress“ in Berlin wurde das Unternehmen für seine nachhaltige Gesamtleistung geehrt.
Für Simon Lehmann sind das eher Randbemerkungen. „Selbstdarstellung ist nicht mein Thema“, proklamiert er in herzlicher Offenheit. „Wir stehen wie so viele Anbieter unter einem enormen Innovationsdruck. Als Premiummarke, die u.a. Werte wie Swissness und hohe Spezialisierung im Etikett trägt, bedienen wir eine anspruchsvolle Zielkundschaft. Megatrends wie Connectivity, Sharing Economy und nachhaltiges Wirtschaften beeinflussen uns in der Herstellung, Kommunikation und im Vertrieb.“ Kopfnicken und stille Übereinkunft seitens der Zuhörenden, kennen sie die Herausforderungen nur allzu gut aus eigener Erfahrung.
(Anmerkungen: Connectivity (digitale Vernetzung), Sharing Economy (Teilen von Gütern, gemeinsame Nutzung nicht Besitz))
First Mover in der E-Bike-Welt
Für den „Berner Turbo“, wie ein deutsches Radmagazin kürzlich den dynamischen Vordenker Simon Lehmann genannt hat, sind all diese Herausforderungen Antriebsfedern. Er ist vernetzt mit diversen Hochschulen, Beratungsgesellschaften und potenziellen Kooperationspartnern, mit denen er an ganzheitlichen, innovativen Lösungen arbeitet. So entwickelt Biketec zum Beispiel mit der Velobility AG ein Bike-Sharing-Konzept und mit einem deutschen Energieunternehmen Recyclingmöglichkeiten für Akkus. „Wir sind First Mover in der E-Bike-Welt. Um den Status zu halten und attraktiv für Händler und Kunden zu sein, brauchen wir nutzenorientierte Neuerungen. Damit stärken wir uns auch für unsere angestammten Exportmärkte, die doch 75 Prozent unseres Umsatzes ausmachen.“
E-Bikes für die Generation Y?
„Gibt es unter den rund 80 Mittzwanzigern E-Bike-Besitzer?“, will Simon Lehmann wissen. Von einem Studenten abgesehen, hat sich die Mehrheit noch wenig mit der Thematik aus potenzieller Kundensicht beschäftigt. Image ist träge. Das trifft auch auf die Marke Flyer zu. Obwohl der Designpreis für das neue Flogo Bike, noch frisch ist und Promotionmassnahmen sportliche Höchstleistungen zeigen, haftet der Marke und generell dem E-Bike-Markt etwas „Verstaubtes“ an. „Wenn man Unterstützung braucht. Aus Altersgründen vielleicht“, so ein paar deckungsgleiche Aussagen von Studierenden. Die neuen Möglichkeiten, die in den Bildwelten von Flyer und anderen Anbietern junge Businessleute im urbanen Raum zeigen, scheinen noch nicht angekommen zu sein. Ohne grosse Anstrengung schnell unterwegs sein – ohne lästiges Schwitzen, muss im doppelten Sinn erst erfahren werden. Und schon naht das nächste Projekt: Warum nicht einen Parcours vor dem Campus einrichten? Eine Teststrecke, um auszuprobieren, wie es sich anfühlt. Auch die Verfasserin ist begeistert vom Vorschlag einer Studentin, bleibt dran am Thema E-Mobility und wird weiter darüber berichten.
Biketec AG – Die Meilensteine seit 2001
Die Biketec AG wird 2001 gegründet; sie übernimmt die FLYER-Aktivitäten der vorgängigen Firma BKTech AG im bernischen Kirchberg. Das Unternehmen ist zu Beginn mehrheitlich im Besitz des Managements bestehend aus: Hans Furrer, Gianni Mazzeo und Kurt Schär. Als CEO amtet Kurt Schär.
Das rasante Wachstum machte einen Standortwechsel von Kirchberg nach Huttwil nötig, wo 2009 das modernste und erste - ausschliesslich für Elektroräder konzipierte Werk Europas - bezogen wird. Das Gebäude in Huttwil ist im Minergie-Standard gebaut und verfügt über eine grosse Photovoltaik-Anlage zur Stromproduktion. Im 2012 wurde sie von rund 20‘000 Personen besucht. Die Mitarbeiterzahl hat sich innert sechs Jahren auf ca. 200 Personen fast verzehnfacht.
Innert zweier Jahre werden bereits zwei Erweiterungsbauten angefügt mit nunmehr neun Montagestrassen. Um den Ausbau des Unternehmens zu finanzieren, holt Kurt Schär 2012 die EGS Beteiligungen AG an Bord. Im März 2014 kommt es an der Spitze der Elektroveloherstellerin zu einem Wechsel: Kurt Schär, seit 2001 CEO der Flyer-Produzentin, übergibt seinen Posten an Simon Lehmann. Lehmann leitete vorher die Interhome Group der Hotelplan-Gruppe. Gleichzeitig mit dem Antritt von Lehmann wird die EGS Beteiligungen AG Mehrheitsaktionärin und stellt neu auch den Verwaltungsratspräsidenten.
Veronika Bellone,
Professorin für Marketing an der FHNW
